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26.01. 2018 - Köln - Die russischen Behörden fahnden mit einer Interpol-Ausschreibung nach dem Verfolgten wegen angeblicher „Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung“, „Organisation einer Mordtat" und wegen Korruptionsdelikten. Die Vorwürfe sind absolut unbegründet und konstruiert.
Im Auslieferungsverfahren vor dem Oberlandesgericht Köln haben wir zahlreiche Einwendungen gegen die Zulässigkeit der Auslieferung an die Russische Föderation erhoben. Und wir hatten die entscheidende Unterstützung eines ebenso mutigen wir tapferen russischen Kollegen, der und geholfen hat, die düsteren Hintergründe des Falles in Russland aufzuklären.
Das Oberlandesgericht Köln (6 AuslA61/15-46) hat die Fragwürdigkeit der russischen Vorwürfe erkannt und die russischen Behörden mit Fragen konfrontiert, auf die sie am Ende keine Antworten mehr hatten. Es war dies dann einer der seltenen Fälle, in denen das Oberlandesgericht im Auslieferungsverfahren auch in die Tatverdachtsprüfung einsteigt.
Der Fall beurteilt sich vorliegend nach dem Europäischen Auslieferungsübereinkommen vom 13.12.1957 (EuAlÜbk), welchem die Russische Föderation mit Wirkung vom 09.03.2000 und die Bundesrepublik Deutschland mit Wirkung vom 01.01.1977 beigetreten sind. Nach dem EuAlÜbk ist die Prüfung des Tatverdachts eine seltene Ausnahme.
Das OLG Köln stellte hier aber fest: „Der Auslieferung des Verfolgten wegen des ihm zur Last gelegten Tatkomplexes „Organisation und Vorbereitung einer Mordtat" steht der fehlende Tatverdacht gemäß § 10 Abs. 2 IRG entgegen. ..... Eine solche Prüfung ist nur in eng umgrenzten Ausnahmefällen zulässig und geboten, wenn und soweit etwa hinreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der ersuchende Staat seinen Anspruch auf Auslieferung missbräuchlich geltend macht, oder besondere Umstände des Falles befürchten lassen, dass der Verfolgte im Falle seiner Auslieferung einem Verfahren ausgesetzt wäre, dass gegen unabdingbare, von allen Rechtsstaaten anerkannte Grundsätze und damit gegen den völkerrechtlich verbindlichen Mindeststandard im Sinne des Art. 25 GG verstoßen würde, und die Tatverdachtsprüfung darüber Aufschluss geben kann (vgl. BGH, a.a.O.; BVerfG, a.a.O.; SenE vom 06.11.2011, 6 AuslA 84/11 -58 -, Schomburg, a.a.O., Heger/Wolter, a.a.O.). Solche hinreichenden Anhaltspunkte, die ausnahmsweise die Prüfung des Tatverdachts gemäß § 10 Abs.2 IRG erforderlich machen, liegen aus Sicht des Senats vor.“
Im vertraglichen Auslieferungsverkehr findet eine Prüfung des hinreichenden Tatverdachts nach § 10 Abs. 2 IRG grundsätzlich nicht statt, sondern es wird der in den Auslieferungsunterlagen mitgeteilte Sachverhalt als zutreffend unterstellt. Aber auch im vertraglosen Auslieferungsverkehr bildet die Tatverdachtsprüfung die absolute Ausnahme, die nur bei Vorliegen besonderer Umstände gerechtfertigt ist. Das deutsche Auslieferungsverfahren ist kein Strafverfahren, sondern lediglich ein Verfahren zur Unterstützung einer ausländischen Strafverfolgung. Es überlässt deshalb die Prüfung des Tatverdachts dem ausländischen Verfahren und überträgt dem deutschen Oberlandesgericht, das über die Zulässigkeit der Auslieferung zur Strafverfolgung zu befinden hat, nur die Prüfung der in den Auslieferungsbestimmungen geschaffenen - formellen - Sicherungen gegen eine unzulässige Unterstützung des ausländischen Verfahrens.
... wenn und soweit hinreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der ersuchende Staat seinen Anspruch auf Auslieferung missbräuchlich geltend macht, oder die besonderen Umstände des Falles befürchten lassen, dass der Verfolgte im Falle seiner Auslieferung einem Verfahren ausgesetzt wäre, das gegen unabdingbare, von allen Rechtsstaaten anerkannte Grundsätze und damit gegen den völkerrechtlich verbindlichen Mindeststandard im Sinne des Art. 25 GG verstoßen würde, und die Tatverdachtsprüfung darüber Aufschluss geben kann.
Wie viele andere Gerichte auch, hat das OLG Karlsruhe (Beschl. v. 25.5.2020 – Ausl 301 AR 37/20) in einem anderen Fall danach wieder eine Tatverdachtsprüfung abgelehnt mit der Begründung, das deutsche Auslieferungsverfahren sei kein Strafverfahren, sondern lediglich ein Verfahren zur Unterstützung einer ausländischen Strafverfolgung. Es überlasse die Prüfung des Tatverdachts dem ausländischen Verfahren und prüfe selber nur anhand der in den Auslieferungsbestimmungen geschaffenen - formellen - Sicherungen gegen eine unzulässige Unterstützung des ausländischen Verfahrens. Es könne selbst dann keine Prüfung des Tatverdachts vornehmen, wenn Grund zu der Annahme bestehe, dass das ausländische Gericht den Tatverdachtzu Unrecht bejaht hat. Besondere Umstände i.S.d. § 10 Abs. 2 IRG lägen hier nicht vor, könnten aber sonst ausnahmsweise zu einer Tatverdachtsprüfung führen, etwa wenn und soweit Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass der ersuchende Staat seinen Anspruch auf Auslieferung missbräuchlich geltend macht oder die besonderen Umstände des Falles befürchten lassen, der Verfolgte wäre im Fall seiner Auslieferung einem Verfahren ausgesetzt, das gegen völkerrechtlich verbindliche Mindeststandard im Sinne des Art. 25 GG verstoßen würde, und die Tatverdachtsprüfung darüber Aufschluss geben kann.
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Rechtsanwälte Dr. Martin Rademacher & Lars Horst, LL. M. - Düsseldorf