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Sehr viele Auslieferungsverfahren beginnen mit einer Festnahme des Reisenden am Flughafen, wobei der Flughafen in Frankfurt/Main in Deutschland mit den meisten Auslandsflügen eine zentrale Rolle spielt. Wer am Flughafen aufgrund einer Fahndung durch INTERPOL oder SIS II festgehalten wird, muss damit rechnen, dass er dort - in Frankfurt wie an jedem anderen deutschen Flughafen auch - dem Amtsgericht vorgeführt wird, das eine längere Festhalteanordnung erläßt, bis das eigentlich zuständige Oberlandesgericht (OLG) über vorläufige Auslieferungshaft entscheidet.
Leider machen die meisten Betroffenen die Erfahrung, dass die Informationsbeschaffung der Generalstaatsanwaltschaften bei INTERPOL und dem Ausstellungsstaat der "Red Notice" viel zu lange dauert. Die Wartezeit verbringt der Vefolgte in der JVA. Wir haben jetzt Fälle gesehen, in denen die Fahndung bei INTERPOL vor der Festhalteanordnung längst hätte gelöscht werden müssen, was in der Sphäre der Ausstellungsstaaten liegt. Hätte man das vorher gewusst, hätte der Betroffene selber die Löschung bei INTERPOLl oder beim BKA betreiben können.
Es gibt auch erfreuliche neue Tendenzen im Auslieferungsrecht: So hat das OLG Frankfurt im Februar 2023 in einem unserer Fälle nach der Befassung des BGH nach einem insgesamt vier Jahre dauernden Verfahren - ohne Auslieferungshaft - eine Auslieferung an Griechenland endgültig für unzulässig erklärt, obwohl es bis dahin erklärtermaßen keine ausdrückliche Entscheidung treffen wollte. Als sog „Bewilligungsbehörde“ hatte die Generalstaatsanwaltschaft in Frankfurt die Auslieferung eigentlich von Anfang an für unzulässig gehalten. Aber bis jetzt stand das OLG Frankfurt - wie andere Oberlandesgerichte auch - auf dem Standpunkt, dass das Rechtsschutzbedürfnis für eine Unzulässigkeitserklärung durch das Oberlandesgericht fehlt, wenn die Generalstaatsanwaltschaft selber die Auslieferung für unzulässig hält und sie deswegen nicht bewilligt und auch nicht durchführt. Es gab in diesen Fällen zur Entscheidungspflicht des OLG immer divergierende Entscheidungen der Oberlandesgerichte Braunschweig, Dresden, Nürnberg und Frankfurt. Jetzt hat aber der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 18.08.2022 (4 ARs 13/21) ausdrücklich festgestellt, dass das Oberlandesgericht über einen Antrag der Generalstaatsanwaltschaft entscheiden muss, die Auslieferung gemäß §§ 29 Abs. 1, 78 Abs. 1 IRG für unzulässig zu erklären, wenn die Bewilligungsbehörde die Auslieferung wegen eines Auslieferungshindernisses sowieso für unzulässig erachtet. Die BGH-Entscheidung (4 ARs 13/21) vom 18.08. 2022 hat die Rechte des Verfolgten im Blick, denn erst eine Entscheidung des OLG als unabhängige Justizbehörde bringt für die verfolgte Person die nötige Rechtssicherheit.
Im konkreten Fall hatten die griechischen Behörden die deutschen Behörden um Auslieferung des Verfolgten zum Zweck der Strafverfolgung ersucht. Eine Auslieferung des Verfolgten zum Zweck der Strafverfolgung ist ja grundsätzlich möglich. Gegen den Verfolgten lagt ein Europäischer Haftbefehl der Staatsanwaltschaft beim Oberlandesgericht Athen zum Zweck der Strafverfolgung vor. Die Auslieferung war aber jedenfalls auch deswegen unzulässig, weil nach deutschem Recht bereits Verfolgungsverjährung eingetreten war. Bei einem Verfolgten, der deutscher Staatsangehöriger ist, besteht gemäß S 7 Abs. 2 Nr. 1 StGB für die ihm vorgeworfenen Straftaten auch die deutsche Strafgewalt. Über den Antrag der GenStA, die Auslieferung für unzulässig zu erklären, war jetzt nach dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 18. August 2022 (4 ARS 13/21) vom OLG Frankfurt zu entscheiden (Senat, Beschluss vom 20. Januar 2023 — 1 AuslA 177/21; OLG Dresden, Beschluss vom 13. Dezember 2022 - OLGAusl 172/21). Die Entscheidung des OLG Frankfurt gilt - was selbstverständlich ist - nur in Deutschland und beseitigt für alle anderen Länder den Europäischen Haftbefehl nicht.
Die BGH-Entscheidung zur Entscheidungspflicht der deutschen Oberlandesgerichte über die Unzulässigkeit der Auslieferung ist nicht die einzige neue Tendenz. Außerdem werden wir von Rechtsanwälten aus anderen EU -Staaten inzwischen auch häufig mit dem Schutz der Verfolgten in den anderen EU-Staaten befasst, wenn die Vefolgten deutsche Staatsangehörige sind oder als Ausländer eigentlich dauerhaft in Deutschland leben. Der Schutz der Verfolgten basiert auf dem europäischen Diskriminierungsverbot. Bahnbrechend ist diue Petruhhin-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (C- 182/15). Wenn es innerhalb der Mitgliedstaaten um die Auslieferung an Drittstaaten geht, kann von Deutschland aus der Schutz des Verfolgten durch ein deutsches Auslieferungsersuchen sichergestellt werden. Wir hatten solche Fälle dieses Jahr bereits aus Spanien, Ungarn und Irland mit Auslieferungsersuchen aus Albanien, Moldawien und Kasachstan. Der Europäische Gerichtshof stellte in der Petruhhin-Entscheidung vom (C- 182/15) klar, dass eine Auslieferung eines Unionsbürgers an einen Drittstaat zwar grundsätzlich möglich ist, der zur Auslieferung ersuchte Staat aber zunächst bei dem Heimatstaat des Unionsbürgers – in unseren Fällen Deutschland - anfragen muss, ob von Deutschland auch die Auslieferung begehrt wird. Dabei muss dann nämlich einem deutschen Auslieferungsersuchen der Vorrang vor dem Auslieferungswunsch des Drittstaates gewährt werden.
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Rechtsanwälte Dr. Martin Rademacher & Lars Horst, LL. M. - Düsseldorf