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München – 10. April 2019 - Das Oberlandesgericht (OLG) München 1 AR 250/18 hat die Auslieferung eines deutschen Staatsbürgers an die britischen Behörden zur Strafverfolgung für derzeit unzulässig erklärt, weil die medizinische Versorgung des Verfolgten in der Haft in England nicht ausreichend gesichert ist. Im Laufe des Verfahrens hatten sich durch medizinische Untersuchungen in Deutschland relativ hohe Hürden aufgebaut und den Engländern war es u.a. auch nicht gelungen, die Erreichbarkeit einer kardiologisch ausgerichteten Notfallstation in vertretbar erreichbarer Nähe zur Haftanstalt nachzuweisen. So kam das OLG München zu dem Schluss, dass die für den Verfolgten zu erwartenden Haftbedingungen in England im Falle seiner Auslieferung nicht den Anforderungen entsprechen, die angesichts seines gesundheitlichen Zustands zu stellen sind. Die Aufhebung des vorangegangenen Auslieferungshaftbefehls war die notwendige Folge (§ 24 Abs. 1 IRG).
Während ein nationaler Haftbefehl in ganz Deutschland ohne weiteres vollstreckt wird, ist dies bei einem Europäischen Haftbefehl (EuHb) eben nicht der Fall. Bei einem Europäischen Haftbefehl (EuHb) kann zwar – muss aber nicht - in Deutschland eine vorläufige Festnahme erfolgen (§ 19 IRG), das zuständige Oberlandesgericht prüft danach aber, ob es – im ersten Schritt - überhaupt einen Auslieferungshaftbefehl für Deutschland erlässt und ob es danach – im zweiten Schritt - die Auslieferung für zulässig erklärt. Das Auslieferungsersuchen aus einem EU- Mitgliedstaat wird also nicht einfach abgesegnet, vor allem weil der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung die in Deutschland garantierten Grundrechte nicht beeinträchtigen darf.
Ein Kriterium von immenser Bedeutung für die Verteidigung ist im Hinblick auf problematische Haftbedingungen im ersuchenden Staat, ob die dortigen Behörden überhaupt in der Lage sind, im Vorfeld mitzuteilen, in welcher Haftanstalt der Verfolgte im Falle seiner Auslieferung untergebracht werden würde. Die Engländer konnten das zum Beispiel auch nicht. Der Europäische Gerichtshof hat aber in seinem Urteil vom 25.07.2018 - C-220/18 PPU klargestellt, dass Art. 1 Abs. 3, Art. 5 und Art. 6 Abs. 1 des Rahmenbeschlusses 2002/584/JI (in der geänderten Fassung 26. Februar 2009) dahingehend auszulegen ist, dass das Gericht die Haftbedingungen in den konkreten Haftanstalten prüfen muss, in denen die auszuliefernde Person wahrscheinlich - und sei es auch nur vorübergehend oder zu Übergangszwecken - inhaftiert sein wird.
Einschränkend vertritt das OLG München aber in mehreren anderen Entscheidungen die Auffassung, dass es unter Zugrundelegung der vom Europäischen Gerichtshof im Urteil vom 25. Juli 2018, C-220/18 PPU dargestellten Grundsätze bei Auslieferungen in ständiger Rechtsprechung nur die Haftbedingungen in der sog. Quarantäne-Haftanstalt sowie in der Haftanstalt überprüfen muss, in die der Verfolgte im Anschluss an die Quarantänezeit aufgenommen werden wird (vgl. OLG München (1. Strafsenat), Beschluss vom 16.01.2019 - 1 AR 442/18 unter Hinweis auf OLG München, Beschluss vom 06. August 2018 - 1 AR 296/18 -, juris).
Der EuGH (EuGH Beschl. v. 19.9.2018 – C 327/18) hat entschieden, dass die Austrittsmitteilung des Vereinigten Königreichs aus der EU vom 29.3.2017 nicht per se zur Verweigerung der Vollstreckung eines EuHb führt.
Wenn es zu einer geordneten Trennung kommt, sieht der Austrittsvertrag sogar die Fortgeltung des Europäischen Haftbefehls vor, allerdings mit der Möglichkeit, die Auslieferung eigener Staatsangehöriger abzulehnen.
Kommt es zu einen „NO-DEAL-Brexit“, würde wieder das Europäische Auslieferungsübereinkommen (EuAlÜb) gelten, sodass in jedem Fall – auch bei laufenden Verfahren - ein neues Auslieferungsersuchen gestellt werden müsste.
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Rechtsanwälte Dr. Martin Rademacher & Lars Horst, LL. M. - Düsseldorf