Anwalt für Auslieferungsverfahren zur Entscheidung des OLG Hamburg

17. May 2018

 

Geschätzt deutlich über 90 % aller Haftbefehle werden in Deutschland damit begründet, dass Fluchtgefahr besteht. Die Quote ist in Auslieferungsverfahren noch höher. Fluchtgefahr soll dann bestehen, wenn es wahrscheinlicher ist, dass sich der Beschuldigte dem Auslieferungsverfahren entzieht, als dass er sich hierfür zur Verfügung hält. Zur Begründung der Fluchtgefahr im Haftbefehl werden von den Haftrichtern sehr häufig die von der Staatsanwaltschaft behaupteten Auslandskontakte des Beschuldigten herangezogen, was mich meistens nicht sonderlich überzeugt: Abgesehen davon, dass heute fast jeder Mensch irgendwelche Auslandskontakte hat, kann auch ins Ausland fliehen, wer dort bisher keine Kontakte hatte.

Wohnsitz im Ausland heißt nicht „Fluchtgefahr“

Und was ist, wenn der Verfolgte im Ausland seinen regulären Wohnsitz hat? Immerhin könnte die Staatsanwaltschaft wieder sagen, dass der Beschuldigte deswegen besonders intensive Auslandskontakte hat. Das HansOLG Hamburg hat aber in einer Entscheidung vom 16. Mai 2018 (2 Ws 66/18) klar gestellt, dass der Wohnsitz des Beschuldigten im Ausland für sich genommen jedenfalls die Fluchtgefahr nicht begründen kann.

Ein Wohnsitz, familiäre Bindungen und konstante Berufstätigkeit im Ausland haben in einigen von unseren Fällen zur Haftverschonung in Deutschland geführt, nachdem vorher hier ein Haftbefehl erlassen worden war. Bei Beschuldigten mit Wohnsitz in den Niederlanden z.B. wurden in zwei Fällen Haftentlassungen sogar mit der Auflage zur regelmäßigen Meldung bei der Polizei in Deutschland verbunden.

Nach unserer Erfahrung stellen die Gerichte bei Haftbefehlen gegen Beschuldigte mit Wohnsitz im Ausland darauf ab, wie schnell und wie unkompliziert die deutschen Strafverfolgungsbehörden im Heimatland des Beschuldigten die Auslieferung erreichen könnten, wenn der Beschuldigte nicht zurückkommt. Wenn die Beurteilung der Auslieferungsmöglichkeiten günstig ausfällt, sollte man einen Haftrichter davon überzeugen können, dass jemand hier aus der Untersuchungshaft entlassen wird und an seinen ausländischen Wohnsitz zurückkehren kann, wo er arbeitet und wo seine Familie lebt und dass er nach Deutschland zurückkommt, wenn seine Anwesenheit für das Strafverfahren in Deutschland benötigt wird, zumal er die sonst nicht zu vermeidende Auslieferungshaft auch nicht riskieren will.


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